Zitat von Seite 123: „Aber mal ehrlich: Würden Sie dieses Buch lesen, wenn es umsonst gewesen wäre?“
Nehmen wir diesen grammatikalisch falschen Satz doch einfach her, um meine Bewertung dieses Buches in einen Satz zu pressen.
Nachfolgend nun meine ausschweifenderen Erläuterungen.
Dr. med. Eckart von Hirschhausen – Die Leber wächst mit ihren Aufgaben.
Erschienen im rororo-Verlag mit der stolzen Anzahl von 224 Seiten inklusive einem nicht vorhandenen Vorwort von Harald Schmidt und der Werbung für „Humor hilft Heilen“. Das Büchlein hat die ISBN 978-3-499-62355-4 bekommen und kostet mit Buchpreisbindung 9,95 Euro in Deutschland. Andere Länder sind hier preislich nicht aufgeführt, was wohl an der höheren Erwartungshaltung von in diesen Ländern lebenden Lesern an die Qualität der Bücher liegen könnte.
Das Büchlein hat einen popelgrünen – in Kennerkreisen auch tarnfarbengrün genannt (damit es sich in der Buchhandlung besser verstecken kann) – Einband. Vorn erkennt man wohl den Herrn von Hirschhausen und so richtig nett sieht der Mann nicht aus. Man könnte meinen, er zeigt dem noch wohlmeinenden Betrachter des Buches einen Vogel. Aber vielleicht verbirgt er auch mit dem Finger ein Schlupflid, um seine Attraktivität zu steigern. Was jetzt nicht bedeuten soll, dass Herr von Hirschhausen attraktiv auf mich wirkt. In der Regel, und auch an den restlichen Tagen des Monats (ein Fünfer in die Schlechtewortspielkasse) mache ich um Männer mit so einem Aussehen einen Bogen. Ich mag sie nicht und fühle mich in ihrer Gesellschaft nicht wohl. So eine diabolische Aura finden viele Frauen toll – ich nicht.
Ein guter Teil des Gesichts von Herrn von Hirschhausen wird zum Glück durch einen roten Aufkleber verdeckt: Platz 1 der Spiegel-Bestsellerliste.
Der Mensch ist ein Herdentier und bildet sich tatsächlich ein, dass die Bücher von ganz oben auf diesen Bestsellerlisten gelesen werden müssen – unabhängig von eigenen persönlichen Interessen. Aber es ist in und es ist hip und auf Parties oder im Dienst kann man dann so einen platten Satz anbringen wie: Weisst du, warum die Sauna Sauna heißt? Weil man da drin so sau-nah an anderen Leuten ist.
Ich schwöre, das hat vor zwei Wochen erst ein Kollege im Dienstzimmer erzählt und alle haben pflichtschuldigst gelacht.
Aber was bringt mich nun dazu, eine Bewertung über dieses Buch zu schreiben? Sagen wir es einmal so: Ich fühle mich verfolgt. Am 23.12.09 habe ich Herrn von Hirschhausen im Fernsehen erlebt und dachte mir so: Die Bühne ist überhaupt nicht sein Ding. Am 24.12.09 wurde die Sendung wiederholt und ich kam in den Genuss des Tones, da ich mit dem Rücken zum Fernseher saß. Am 25.12.09 schenkte meine Schwiegermutter ihrer Freundin das Buch „Die Leber wächst mit ihren Aufgaben.“ und mein Mann, der den Herrn von Hirschhausen so witzig findet, borgte es sich gleich aus, da die Freundin dieses Buch bereits gelesen hatte. Also lagen plötzlich zwei dünne Bücher über medizinalsatirische Themen in unserem Haus, denn erst wenige Tage zuvor hat mein Mann das Buch „Denken Sie selbst! Sonst tun es andere für Sie.“ von Vince Ebert mit nach Hause gebracht.
Ich selber hätte mir keines dieser Bücher gekauft. Für die paar Seiten so viel Geld auszugeben, liegt mir nicht. Aber wenn es schon mal kostenlos (kostenlos, Herr von Hirschhausen!) ist, kann ich es ja lesen.
Aber was heißt lesen schon beim Buch von Herrn von Hirschhausen? Es ist vielmehr ein Stolpern durch die aneinandergereihten Gemeinplätze, unterbrochen von Kapitelunterteilungen, die im weitesten Sinne wohl alle als medizinisch anzusehen sind:
Männer und Frauen
Sex und seine Folgen
Nachts
Sport
Essen
Mensch und Tier
Gesundheit
Krankheit
Ärzte
Alternativmedizin
Seele und Geist
Moderne Technik
Wahnsinn im Alter
Zugabe
Nachwort
Herr von Hirschhausens Stil ist gewöhnungsbedürftig. Gewöhnungsbedürftig dahingehend, dass man von einem studierten Mediziner und Irgendwasjournalisten einfach eine durchgängige Thematik erwartet anstatt eine Aufzählung von Peinlichkeiten. Wers nicht glaubt, wird im Nachwort gleich noch einmal daran erinnert, dass es mit ziemlicher Sicherheit eben keinen roten Faden gibt (leider habe ich das Nachwort gerade erst gelesen, so dass ich mir den ganzen Ärger über dieses Buch mit dem oben erwähnten Zitat und einem weiteren Satz aus dem Nachwort hätte sparen können).
Dennoch: Wenn man bedenkt, dass die Texte gewöhnlich vor Publikum vorgetragen werden und er dies wahrscheinlich so tut wie bei der Show am 23.12.09, die am 24.12.09 wiederholt wurde, wundere ich mich, dass nicht alle Zuschauer einschlagen oder, sofern sie es noch können, die Show vor dem Ende verlassen.
Aber auch hier greift wieder das Herdenprinzip und aus diesem Grund wird man so eine Show wohl mal erlebt haben müssen, um mitreden zu dürfen. Das ist wie mit der weiblichen Anhängerschaft von Mario Barth. Er beleidigt die Frauen in einer Tour, aber wird regelrecht angesabbert und von weiblicher Zuneigung erdrückt. Sind die alle hohl oder bin ich durch meinen nicht vorhandenen Schuhtick einfach nur geschützt vor diesem Zwang?
Meine Güte, ich schweife schon wieder ab. Aber es fällt mir schwer, über dieses Buch zu schreiben, denn es gibt nichts Schreibenswertes. Man kann keine Zusammenfassung des Inhaltes anfertigen, da … ach, das habe ich nun schon zur Genüge erklärt.
Kommen wir einfach mal ohne weiteres Eingehen auf den Inhalt zur Zusammenfassung: Das Buch eignet sich unglaublich gut als „Toilettenbuch“. Mal fünf Minuten hier gelesen, morgen dauert die Sitzung dann halt mal 10 Minuten und ich kann entspannt weiterlesen, da ich mir nicht merken musste, um was es in dem Buch geht. Es sind viele kleine Anekdoten, die den geneigten Leser zum Lachen bringen können, oder auch nicht. Meine Güte, die Witze sind teilweise so alt, dass sie schon einen Bart haben (und noch nen Fünfer in die Schlechtewortspielkasse).
Kann man gelesen haben, muss man aber nicht.
Und zum Schluß noch das Auseinanderpflücken des o.a. Zitats:
„Aber mal ehrlich: Würden Sie dieses Buch lesen, wenn es umsonst gewesen wäre?“
Wie kann ich vor dem Kauf eines Buches wissen, ob es einen Sinn gehabt haben könnte, um also zu wissen, ob es umsonst gewesen wäre? Oder sollte es tatsächlich kostenlos bedeuten, was ich ja nun direkt auf mich münzen könnte und deshalb behaupten kann: Ja, ich habe es gelesen, obwohl es für mich kostenlos war? Hätte es aber keinesfalls gekauft oder gelesen, wenn ich es hätte bezahlen müssen? Oder reicht es einfach zu sagen: Für mich wäre es das Geld nicht wert gewesen?
Übrigens: Während des Schreibens dieses Textes hatte ich die Webseite von Herrn von Hirschhausen offen und in meinem Bad erklang Möwengeschrei. Total putzig, aber nach einer halben Stunde hatte mir die Viecher das Bad vollgeschissen. Also Vorsicht beim Besuch der Webseite http://www.hirschhausen.com